1990,
lange bevor der Film auch nur in Planung war, wagten
sich der SWF (heute SWR) und der WDR gemeinsam an eine
Hörspielproduktion. Immerhin 750.000 DM ließen
sich die Sender das Projekt kosten, und die Bezeichnung
"Hörspiel der Superlative" wurde völlig zu
Recht vergeben. Da sei zunächst die hervorragende
Besetzung erwähnt: Manfred Steffen als Gandalf,
Michael Haase als Frodo, Dietmar Mues als ein herrlich
dargestellter Gollum (er spricht mit einem tiefen Bass,
völlig anders als zehn Jahre später im Film,
aber nicht minder glaubhaft) - und ein junger Rufus Beck
als Pippin. An dieser Stelle sei auch erwähnt,
daß man sich offensichtlich die etwa zehn Jahre ältere
Produktion "Der kleine Hobbit" noch einmal angehört
hat, denn man hat darauf geachtet, die in beiden Werken
vorkommenden Figuren auch ähnlich darzustellen
(Bernhard Minetti als Gandalf und Jürgen von Manger
als Gollum standen leider nicht mehr zur Verfügung,
die Stimmen von Steffen und Mues allerdings passen sich
perfekt der Vorpoduktion an).
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Nun
zum Hörspiel selbst: Es beginnt wie im Original
recht märchenhaft, auch der Erzähler hat eine
Stimme, mit der er bei Kindern gut ankommen würde.
Die von Peter Zwetkoff komponierte Musik will da allerdings
nicht so ganz passen, was vor allem daran liegt, das
die Musik, die bei den Hobbits unterlegt wird, schnell
von einem fröhlichen in einen eher nachdenklichen
Stil wechselt. Die handlungsbedingte Bedrohung, auf
der die ganze Geschichte basiert, wird in dieser Phase
des Hörspiels nur einmal deutlich: Als Bilbo den
Ring nicht abgeben will, und Gandalf seine Art zu sprechen
verändert. Diese Szene ist ein früher Höhepunkt
des über 750-Minuten-Epos'. Der Ring, wann immer
er auftaucht, hat ein eigenes Musikthema, das manchmal
etwas untergeht, das in anderer Orchestrierung allerdings
auch in anderen Szenen vorkommt. Gut umgesetzt finde
ich Tom Bombadil. Er kommt gemütlich, aber nicht
sorglos rüber; fast besser als im Buch. Unmittelbar
nach dem Abschied von Tom Bombadil verändert sich
die Gesamtstimmung des Hörspiels. Das merkt man
an der zunehmend düster werdenden Musik wie an
der sich schrittweise ändernden Tonlage des Erzählers,
der nun auch sehr mitreißend spricht.
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Aragorns
Stimme, die sehr polternd rüberkommt, ist etwas
gewöhnungsbedürftig. Solange er "nur" Streicher
ist, ist das auch angemessen, aber später, als
Aragorn bereits als König identifiziert ist, passt
das nicht mehr so recht. Waren die Elben bei ihrem
ersten Auftritt noch ziemlich kitschig, ständig
giggelnd dargestellt, erscheinen sie bei Elronds Rat
endlich so, wie sie von Tolkien auch im Buch beschrieben
wurden. Um so mehr verwundert die kitschige Darstellung,
und ich frage mich, was konkret damit beabsichtigt war. Gandalfs
"Tod" beim Kampf mit dem Balrog ist zwar gut dargestellt,
die Trauer der Gefährten im Anschluss allerdings
scheint - warum auch immer - nicht überzeugend. Der
letzte Punkt, der mich stört, ist die Darstellung
Baumbarts; weniger dass in der ganzen Handlung einiges
gekürzt wurde, sondern allein seine Stimme. Sie
paßt so gar nicht zu einem Waldwesen, ist viel zu aufbrausend
und für jemanden, der Ruhe in seinem Wald haben
will, ist er doch extrem laut. Danach allerdings
gibt es nichts mehr zu bemängeln, allenfalls dass
der ganze letzte Teil, der Sarumans Schicksal klärt,
komplett gestrichen wurde. Das macht dann wieder einige
Dialoge, die nach dem Fall Sarumans gesprochen werden,
unnötig; auch ergeben sie dann keinen Sinn mehr.
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Bei
der Aufteilung der einzelnen Teile muss man daran denken,
dass das Hörspiel fürs Radio produziert wurde.
Das erklärt, warum immer wieder die Handlung
des zuvor gehörten Teiles vom Erzähler zusammengefasst
wird und der eine oder andere Dialog doppelt zu hören
ist. Andererseits erleichtert dieser Umstand zum
einen
das Setzen einer Hörpause und zum anderen den Wiedereinstieg
nach der Hörpause. Das Cover wurde im Laufe
der Jahre immer wieder verändert. Die
älteste mir bekannte Ausgabe, die noch das Logo
des SWF ziert, zeigt einen Gemäldeausschnitt von
Caspar David Friedrich, der zwar schön ist, aber
eher zum "kleinen" Hobbit passt denn zu "Herr der Ringe". Später
war die Gestaltung - jetzt schon mit dem SWR - Logo
- angepasst an die Gestaltung des Buches, nur statt
rot war das Ganze in grün gehalten. Heute schmückt
ein Foto aus dem Film das Cover Fazit: Wer entweder
ein gutes Hörspiel genießen will oder "Herr
der Ringe" mag, kommt an diesem Werk nicht vorbei.
Sascha
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